Gesamtidee
Das
Projekt beabsichtigt eine urbane Lösung. Ein Bahnhof, der sowohl
der zeitgemäßen modernen Aufgabe des immer noch fortschrittlichsten
Massenverkehrsmittels, als auch der Tradition und Kultur entspricht.
Darüber hinaus soll er sich als markantes Element in das urbane
Gefüge und Bild der Stadt einbinden.Ein
Bahnhof ist zuallererst ein urbanes Ereignis: Kommunikation und
Austausch der Orte, der Menschen, der Kultur, der Arbeit, der Waren,
kurzum ein Ort größter urbaner Dichte und Aktivität.
Dafür wird ein städtebauliches, architektonisches Objekt
entworfen, das sich sowohl mit den baulichen - materiellen als auch
mit den gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten auseinandersetzt.
Es versucht diese in Architektur zu übersetzen ohne symbolische
Überfrachtung:
eine Plattform der Offenheit, der Energie, der Transparenz, des
Schutzes.... ein Marktplatz der Vielfalt, romspezifisch und weltoffen.
Städtebau
Die
bestehende Plattform von Nomentana nach Pietralata (und umgekehrt)
wird als Basis für einen liegenden Körper verwendet, der
von dynamisch und gleichzeitig statisch bestimmten Pfeilern getragen
und in die bestehenden Fundamente verankert wird. Der Bahnhof Tiburtina
knüpft maßstäblich und architektonisch an den Bestand
des Bahnhofs und der Umgebung an. Er wird im wesentlichen oberirdisch
neu gebaut. Lediglich die sympathische Treppenhalle, die den Geist
der wichtigen italienischen Tradition der Bahnhöfe der 30er
Jahre vermittelt, bleibt erhalten.
Die Halle des Tiburtina-Bahnhofs verbindet 4 Ebenen miteinander:
UG, EG + 2 Obergeschosse. Zu den üblichen Bahnhofsfunktionen
wie Information, Fahrkartenschalter etc. gibt es ein reichhaltiges
Angebot an Cafes, Restaurants, Läden des täglichen und
besonderen Bedarfs. Die Halle mit den Läden ist nicht nur vertikal
mit den oberen Bereichen mit der Großen Brücke (Ebene
9,00) verbunden, sondern bindet auch horizontal die Südspitze
des Bahnhofs sowie den Busbahnhof an.
Der im Norden liegende Platz mit den U-Bahnhöfen ist aus baukörperlichen
Gründen als ein zur Bahn hin offener, von Arkaden begleiteter
Platz vorgesehen. Alternativ wäre ein brückenartiger Abschluß
zur Bahn hin im 1. OG möglich.
Die
Große Brücke auf der Ebene ist ein großzügiger
Raum, der von der Dynamik der Stützen, aber auch von der Ruhe
der durchlaufenden Dachebene gekennzeichnet ist. Strukturell und
architektonisch ist der Raum in der vollen Höhe ungestört
und autonom. Er artikuliert so die Bedeutung dieses wichtigen, spezifischen
Ortes in einer großen und einmaligen Stadt. Die Einbauten
der Treppen und Läden, Kioske, Restaurants sind eher wie Raum-Möblierungen,
selbständig, additiv, nicht strukturell.
Diese Ebene hat nicht nur Platz für Bewegung und geschäftiges
Treiben, des Aus- und Überblicks (Terrassen mit großen
Öffnungen) sondern auch Orte der Ruhe und Erholung, z. B. einen
ruhigen, verglasten und bepflanzten Hof, der der Witterung und somit
natürlichen Bedingungen ausgesetzt ist. Ebenfalls "abgehoben"
vom hektischen Betrieb sind Terrassen auf den kioskartigen Einbauten
angeordnet. Dort sind leicht auffindbare Orte für Treffs (meeting-points)
und Orte des Überblicks.
Vor der Ebene 9,00 liegen an 3 gut auffindbaren Stellen die Zugänge
zu den 3 Bereichen der Veranstaltung-Konferenz-Kultur (Nomentana,
Ponte, Pietralata). Dieses großzügig durchgehende Geschoß
mit atriumartigen Höfen hat eine besondere Innen-Außenbeziehung.
Sie ist das herausragende und wahrscheinlich attraktivste Stück
der ganzen Bahnhofsanlage. Sie ist Schaufenster und Schaustück.
Sie hat eine intro- und extrovertierte Mentalität. Die 3 voneinander
getrennten Bereiche können ohne großen Aufwand flexibel
zusammengeschaltet werden und eine großartige, kommunikative
"Bühne" für die Stadt und ihre Gäste bieten.
Sie laden ein zu kleinen Veranstaltungen und zu großen Events
für Bürger aus der unmittelbaren Umgebung, aus Rom sowie
Teilnehmern aus fernen Ländern.
Die
3 ellipsenförmig dargestellten Theater sollen die Besonderheit
dieser, jedem Bereich zugeordneten Räume herausstellen. Diese
sollen in jedem Fall eine spezifische und erinnerbare Form erhalten
- nicht unbedingt ellipsenförmig.
Auf der Ebene 9,00 erreicht man im Osten die städtebaulich
dominierende Anlage der großen Einkaufsgalerie von Pietralata
und die Verwaltung der Ferrovia.
Beide
Bereiche sind klar voneinander getrennt und ergeben dennoch eine
räumliche und gestalterische Kontinuität. Die Galeria
Pietralata verbindet die 3 auf Erdgeschoßniveau liegenden
"Stützpunkte" Bahnhof Pietralata, (Süd) unterer
Zugang Ferrovia-Verwaltung und den großen Supermercato (Ost)
über großzügige Treppen- und Galeriebereiche mit
dem oberen Bereich, der zur Großen Brücke und zur Piazza
auf Ebene 9,00 liegt. Dort befindet sich der obere Zugang zur Ferrovia-Verwaltung
und die Fußgängerbrücke nach Pietralata.
Die Hauptverwaltung der Ferrovia liegt mit ihren vertikalen Schwerpunkten
beidseits der Großen Brücke. Der 7-geschoßige Verbindungsbau
beinhaltet in 4 Verbindungsebenen die großzügige gemeinsame
Erschließung und Verbindung des Ost- und Westbereiches. Diese
Bereiche können auch einzeln erschlossen werden (Fremdvermietung).
Die Bauten der Ferrovia sollen räumlich und gestalterisch eigenständig
sein, zu der Gestalt der Bauten in Nomentana verwandt, zu den angrenzenden
Bauten jedoch unterschiedlich.
Der konstruktive Aufbau wird im Bereich der Ponte sehr stark aus
der Verbindung von sinnvoller Konstruktion und beabsichtigtem Bild
und Gestalt bestimmt. Die Stützen nehmen einerseits die Fußpunkte
der vorhandenen Fundamente auf. Andererseits zielen sie auf das
kontinuierliche Raster der 8/8 m Trägerfelder des Virendell-Dachträgerrostes
ab. Stützen und Dach, vorhandene Ebenen (Ponte) und neues Image
gehen eine konstruktive und gestalterische Verbindung ein.
Diese
Konstruktionen sind in Stahl vorgesehen und berücksichtigen
die statischen und brandschutztechnischen Erfordernisse (s. beiliegenden
statischen Nachweis). Die Konstruktion der weitgehend skeletthaften
Hochbauten für Nomentana und Pietralata sind als Stahlbetonkonstruktion
vorgesehen - alternativ ummantelter Stahl.
Gestalterisch dominierend und herausgestellt ist die "schwebende
Brücke" mit ihrer teils weiß schimmernden, teils
klar-gläsernen Oberfläche. Diese ist Träger für
alle nach außen gerichteten Informationen, sowohl hinsichtlich
der Bahn als auch der besonderen Veranstaltungen und Events sowie
auch der Shopping-Centren. Dieser Körper signalisiert
- im wörtlichen Sinne - die Bewegtheit und den kommunikativen
Charakter eines neuen Bahnhofs in all seinen Facetten, von kulturellen
bis zu kommerziellen. Die bestehende, untere Ebene und Stahlkonstruktion
bleibt weitgehend unberührt.
Einerseits
konstruktiv, weil das neue Bauwerk der schwebenden, gläsernen
Brücke direkt auf die Fundamente abgeleitet ist und andererseits
gestalterisch, weil die rohe, bestehende Gitterkonstruktion zusammen
mit einem gezielten Lichtkonzept (rostrot) eine gestalterische Modifizierung
erfährt ohne sie zu kaschieren. Der rostrote Farbton der Stahlkonstruktion
wird durch eine unsichtbar angebrachte, gleichmäßige
rote Beleuchtung verstärkt. Es entsteht eine für diese
Ebene wichtige angenehme Atmosphäre. Die eher unattraktive
Konstruktion wird durch diese Verfremdung interessanter. Der Einsatz
von Licht in allen Bereichen ist ein wichtiges Anliegen und wird
zusammen mit einem weltweit bekannten Lichtdesigner gestaltet.
Die Nachtwirkung des Gebäudes soll stark von Licht geprägt
sein. Sämtliche Seiten der "gläsernen Brücke"
werden beleuchtet. Die einzelnen Abschnitte und Felder können
den Bedürfnissen entsprechend unterschiedlich behandelt werden
(farbiges Licht). Der Eindruck des Schwebens dieser Brücke
wird dadurch deutlich verstärkt. Die Lichtgestaltung im inneren
der Brücke zielt auf Klarheit einerseits, Spannung und Kontrast
andererseits ab. Die Lamellen der Deckenfelder (mit wechselnder
Richtung) verstecken Lichtelemente - Lichtquellen, die Wände
und den boden in abwechslungsreiches Licht tauchen. Der Wechsel
zwischen Licht und Schatten, hell und dunkel, erzeugt eine für
die Menschen spannende, belebende Atmosphäre, die der ähneln
soll, die tagsüber bei direkter Sonneneinstrahlung entsteht.
Die vielschichtig leuchtende, informative Oberfläche der gläsernen
Brücke auf der rotleuchtenden Basis soll sowohl tagsüber
als auch bis spät in die aktiven Nachtstunden hinein leuchten.
Zu den wenigen Stunden der tieferen Nach soll der Bahnhof ebenfalls
als nachturbaner Körper ruhen. Er soll Stillstand des Betriebs
aufzeigen - Nachtruhe. Der Bahnhof wird durch das Licht bei Nacht
ein weithin sichtbarer schwebender Körper, ein Orientierungspunkt,
ein "Wahrzeichen" der Stadtteile, die der Bahnhof miteinander
verbindet.
Die Baukörper der beidseitigen Bahnhofs-Ferrovia-Gebäude
sind im Gegensatz zur "gläsernen Brücke" als
starke Körper ausgebildet. Ihre Oberfläche ist in Ceramice
vorgesehen. Die helle Farbe der Ferrovia-Bauten der Moderne, besonders
aus den 30er und 50er (Termini, Firenze etc.) soll dort wiederzufinden
sein. Sie kontrastiert teilweise mit grauen Flächen von Ceramice
und Glas sowie den Fensterprofilen. Zurückhaltende Grau- und
Beige-Töne unterstreichen die architektonische Absicht, sich
in die urbane Situation zu integrieren. Die Baukörper zielen
nicht auf eine thematische, strukturelle oder gestalterische Nähe
zu den Wohnbauten ab. Vielmehr sollen sie eigenständig sein.
Dennoch sind sie, in Maßstab und Aussage, bezogen auf die
jeweiligen
urbanen Quartiere und auf die Stadt Rom.
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